Fragen und Antworten zum Thema Factoring im Handwerk:

Kann jede Forderung per Factoring abgewickelt werden?

Jein. Grundsätzlich spielen weder die Art der Kundschaft noch der offenen Rechnung eine Rolle. Allerdings nehmen einige Anbieter erst dann Forderungen an, wenn diese einen Mindestbetrag übersteigen. Dann lohnt sich das mehr als bei vielen kleineren Rechnungen.

Wann lohnt sich Factoring am meisten?

Wenn Sie als Handwerksunternehmer(in) schnell mehr Zahlungseingänge benötigen oder wollen. Factoring kann immer dann sinnvoll sein, wenn finanzielle Engpässe drohen.

Wann ist Factoring ausgeschlossen?

Grundsätzlich eignen sich alle Forderungen für das Factoring. Allerdings lehnen Dienstleister häufig den Ankauf von Forderungen ab, die mit Rückgaberechten verbunden sind. Das betrifft auch das Handwerk: Nicht jeder Anbieter erwirbt diese Art der Forderungen. Schließlich kann es dabei Streitigkeiten im Rahmen der Endabnahme mit der Kundschaft geben.

Sofern keine Abschlagszahlungen vereinbart wurden, müssen Handwerkerinnen und Handwerker auf die erfolgreiche Endabnahme eines Projekts warten, um ihre Rechnung zu stellen. Läuft dann alles nach Plan, trifft das Geld am Ende der Zahlungsfrist endlich ein. 

Was ist Factoring?

Lässt die Zahlungsmoral der Kundschaft zu wünschen übrig – vor allem bei Großaufträgen – können selbst vorher betriebswirtschaftlich gesunde Betriebe in finanzielle Schieflage geraten. Aus diesem Grund setzen viele Betriebe heute auf Spezialanbieter, die offene Forderungen für sie übernehmen. Dabei zahlt der Factoringanbieter dem Handwerksbetrieb einen Teil oder die volle Summe der Rechnung vorab aus.

So funktioniert Factoring im Handwerk.
So funktioniert Factoring im Handwerk.

Für seine Dienste erhält der Factor einen Teil der Rechnungssumme. Diese Differenz ist der Gewinn des Factoring-Unternehmens und deckt auch dessen Risiko ab.

Vor- und Nachteile des Factorings für das Handwerk

Der größte Vorteil aus dem Factoring liegt darin, dass sich die offene Summe direkt auf das Firmenkonto eingezahlt wird. Mit diesen  zusätzlichen Mitteln können Sie Ihre eigenen Rechnungen schneller begleichen. Möglicherweise kommen Sie dann in den Genuss von Skonto-Abzügen: Sparen also Geld. Factoring schützt letztlich auch davor, einen vollständigen Zahlungsausfall verkraften zu müssen, falls eine Insolvenz bei den Auftraggebern auftritt.

Vergeben Sie viele Forderungen an das Factoring-Unternehmen, sparen Sie unter Umständen Zeit. Sie brauchen sich nicht um die Überwachung von eingehenden Zahlungen zu kümmern und sparen sich die Arbeit mit dem Mahnwesen. 

Zudem erhöhen Sie die Unabhängigkeit von Banken, weil Sie genau wissen, wann Sie das Geld von Ihrem Factoringanbieter erhalten.

Der große Nachteil des Factoring: Für ihre Leistungen fordern die Dienstleister einen Teil der offenen Forderung. Je nachdem was vereinbart wird, erhalten die Handwerkerinnen und Handwerker also nicht die volle Summe aus der Rechnung, oder müssen einen prozentualen Anteil aus der Rechnungssumme bezahlen.

Somit hat Factoring auch Einfluss auf die Kalkulation des Stundensatzes und sollte als Kostenblock berücksichtigt werden. Denn die Liquidität nutzt nichts, wenn sich ein Auftrag nicht mehr rentiert.

Factoring im Handwerk: Still oder offen?

Forderungsverkauf und Forderungsmanagement sind ein sehr individuelles Geschäftsmodell, entsprechend vielfältig sind die verschiedenen Angebote und darin enthaltenen Leistungen. Dennoch lassen sich Factoring-Dienstleistungen grob untergliedern. Dies beginnt bei der Kommunikation gegenüber der Kundschaft:

  • Stilles Factoring: Dies heißt so, weil Sie weiterhin als Absender(in) der Rechnung auftreten und die Kommunikation mit der Kundschaft übernehmen. Der Forderungsverkauf ist für die Zahlungspflichtigen also nicht offensichtlich.
  • Offenes Factoring: Das offene Factoring gibt es in verschiedenen Spielarten. Das reicht von einem einfachen Hinweis auf der Rechnung auf einen abweichenden Kontoinhaber (namentlich der Factor) bis zu einer Rechnung mit Logo des Anbieters. Die Rechnung des Handwerksbetriebs ist dann nur noch als Anlage dabei. Bei dieser Form kümmert sich der Factor dann auch oft um die unschönen Maßnahmen, wie Mahnbescheide ausstellen oder Inkassoleistungen beauftragen.

Beim Factoring werden stilles und offenes Factoring unterschieden.
Beim Factoring werden stilles und offenes Factoring unterschieden.

Viele Handwerkerinnen und Handwerker scheuen den Schritt zum offenen Factoring, weil sie sich hinsichtlich der Außenwirkung unsicher sind. Ihnen ist es wichtig, dass die Kundschaft auch bei der Rechnungsstellung nur mit ihnen zu tun hat.

Tatsächlich ist die Entscheidung für das offene Factoring nicht ganz einfach.  Langjährige Kundinnen und Kunden mag es überraschen oder sogar Spekulationen auslösen, was die Bonität des Betriebs betrifft. Wer sich dagegen gerade erst selbstständig gemacht hat, könnte gleich von Beginn auf offenes Factoring setzen und dies auch offen kommunizieren.

Verschiedene Arten des Factoring

Ein weiterer Unterschied zwischen den Anbietern und deren Lösungen besteht in der Art und Weise, wie das Risiko getragen wird.

  • Echtes Factoring: In diesem Fall übernimmt der Factor das Ausfallrisiko der Zahlung komplett. Kommt die Zahlung nicht, wird er bis zum letzten Weg alle Rechtsmittel ausschöpfen, um an das Geld zu gelangen. Dafür behält das Unternehmen dann auch mehr von der Rechnungssumme ein. Eine Auszahlung an das Handwerksunternehmen zwischen 80 und 90 Prozent der Rechnungssumme ist durchaus üblich.
  • Unechtes Factoring: Hier geht die Rechnung wieder an das Unternehmen zurück, falls es zu Problemen mit der Zahlung kommt.

Das unechte Factoring kann ein gutes Mittel sein, wenn Sie zwar nicht mit vielen Zahlungsausfällen zu kämpfen haben, aber der Kundschaft längere Zeiträume zum Bezahlen einräumen wollen. Der Factor finanziert somit die Forderung vor.

VOB: Ein Sonderfall im Factoring

Etwas komplizierter wird das Factoring bei Leistungen, die nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) abzurechnen sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Kundschaft hier zunächst nur Abschlagsrechnungen zahlt. Und am Ende vor der Abschlussrechnung erst noch die finale Abnahme der Leistungen erfolgen muss. Selbst bei größter Sorgfalt ist es nicht auszuschließen, dass hier von den Auftraggebern Mängel benannt werden.

Das ist aus Sicht von Factoring-Unternehmen allerdings ein Risiko. Deswegen gibt es nur wenige Firmen, die sich an dieses Thema herantrauen.

Den richtigen Factoring-Partner finden

Die Entscheidung für einen passenden Factoring-Partner sollte nicht vorschnell getroffen werden, gibt es doch eine Reihe von Kriterien zu prüfen:

  • Das Unternehmen muss überhaupt Leistungen für Handwerksunternehmen anbieten. Das ist längst nicht bei allen der Fall, da einige Factoring-Dienstleister das Geschäft mit vielen kleineren Rechnungen oder die Branche generell meiden.
  • Die Frage muss geklärt werden, ob auch VOB-Leistungen vorfinanziert werden können. Das ist natürlich nur dann von Bedeutung, wenn diese Abrechnungsformen häufig auftreten.
  • Wie steht es um die Seriosität des Factoringanbieters? Wie lang ist er schon am Markt? Gibt es online negative Kommentare zum Geschäftsverhalten?
  • Und natürlich spielen auch die Gebühren und die maximalen Finanzierungssummen eine Rolle. Denn am Ende soll sich die Weitergabe der Forderungen ja rechnen.

Keine Scheu vor Factoring

Der teilweise oder vollständige Forderungsverkauf kann aus Sicht eines Handwerksbetriebes ein sinnvolles Instrument für die Unternehmensführung sein. Schließlich sichern Sie sich dadurch Liquidität. Vor der Entscheidung für einen Anbieter sollten Sie allerdings dessen Leistungen genau prüfen und kalkulieren.

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Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Rechtsberatung dar. Trotz sorgfältiger Recherche können wir für juristische Informationen keine Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität gewähren. Wenn Sie juristische Hilfe benötigen, kontaktieren Sie bitte einen Rechtsanwalt.

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